Cara Dillon & Band

Fabrik (Hamburg, 30.11.2003)

 

 

Cara Dillon Cara Dillon & Band

It´s a sad song, but it has a great melody

 

Der Ort der Mystik nannte sich "Fabrik" und lud in etwa 150 andächtige Musikliebhaber von jung bis alt ein, einen herzerwärmenden, romantischen Abend zu erleben. Viele kamen - wie ich mal wieder - dabei alleine, man fühlte sich dadurch gleich viel mehr als Teil des Ganzen, zugehöriger als sonst. In der Mitte des kultigen Raumes wurden direkt vor der kleinen Bühne Stühle in Reihen aufgestellt, an den Seiten leicht versetzt kleinere Tribünen errichtet. Das Ambiente hatte etwas von einer sehr persönlichen Lesung. Bier, Wein und Sekt machten ihre Runden, während sich die Sound-Techniker im Halbdunkel für den Auftritt vorbereiteten...


Ich war sehr gespannt, wie Cara Dillon (geb. 1975 in Derry) und ihre recht junge Band (um die 30 Jahre im Mittel) die schönen Melodien ihrer zwei Alben nun live wohl rüberbringen würden. Die Band bestand neben der engelsgleich singenden Cara Dillon aus dem keyboard-spielenden zweiten Kopf und Arrangeur des Folk-Projekts Sam Lakeman (geb. 1975 in Devon), einem Gitarristen, Drummer, Bassisten und einem jungen Allrounder an der Flute, Violine und der stets ominösen aber immerzu brilliant klingenden Uillean Pipe.

 

Um 21.15 Uhr gingen die letzten Lichter aus und Cara und ihre jungen Mannen schritten unter Beifall auf die Bühne... ("Soviel Lob vorab?!"). Der Abend sollte dem Ambiente angemessen sehr lyrisch werden. Nahezu jeder Song samt Geschichte und Inhalt wurde ausgiebig und mit viel Liebe zum Detail zuvor beschrieben und dem Publikum nähergebracht. Lieder von verlorener Liebe, von irischen Emigranten, bis hin zu den Themen der anhaltenen Troubles und Märchen der sagenumwobenen Banshee. Eine irische Geschichtstunde, untermalt mit schönster Musik - vorgetragen im feinsten irischen Dialekt.


Cara wirkte beim Erzählen sehr charmant und ließ einen sehr interessiert, in hoher Erwartung der folgenden Songs, den mystischen, teils traurigen aber auch oft sehr romantischen Geschichten regelrecht ZUHÖREN..


Dillon und die Band insgesamt kamen sehr publikumserprobt, oft charmant witzig, kein Deut unsicher, dennoch super sympathisch herüber. Man lachte, scherzte und sprach ständig miteinander aber auch mit dem Publikum. Was man bei vielen Künstlern oft vermißt, fand man an diesem Abend sehr schön wieder: Die Interaktion mit dem Publikum, das Miteinander, das Gefühl, die Band will jetzt genau in diesem Augenblick hier und nirgendwo anders sein.

Klatschende und pfeifende Ovationen für von Cara angekündigte Songs wurden dankend aufgenommen, im Saal umgefallene Gläser während der Erzählungen peinlichst genau erkannt ( "Are you okay there ? Nobody move !"), sich bei kleinen Geschenken einzelner Fans persönlich und namentlich bedankt, Reihen zum unterstützenden Mitsingen aufgefordert und sanft auf traurige Songs vorbereitet ("It´s a sad song, but it has a great melody !").


Wir saßen zwar im Publikum, aber irgendwie waren wir doch alle mit auf der Bühne. Diese knisternde Harmonie ließ uns die Band in wunderschön interpretierten Songs merklich spüren.

 

James O'Grady James O'Grady

 

Der Sound war kristallklar und nahezu perfekt auf Stimme und Instrument abgestimmt. Caras brillant klare Stimme bahnte sich über unsere Ohren in unsere Herzen. Dabei fiel auf, daß sie oft mit geöffneten Augen sang und den Leuten direkt in die Gesichter blickte. Es wirkte gelassen, vertraut aber in jedem Fall wirklich und wahrhaftig. Wenn der junge O´Grady an seinen zahlreichen und ständig wechselnden keltisch-folkloristischen Instrumenten (das Umschnallen der Uillean Pipe ist mit einem gewissen Aufwand verbunden: Knieschoner arretieren, Armbinde umschnallen, in die richtige Position stellen...) seine schönen in den Bann ziehenden Soli spielte, schaute Cara ihm, die Musik innerlich mitspielend, mit viel Herz und Seele dabei zu, bevor sie mit Gesang wieder im Einklang mit einstieg. Der ständig rauchende Bassist beherrschte seinen E-Bass und Kontrabass mit einer derartigen Leichtigkeit, man könnte denken, er tue jeden Tag nichts anderes - der Rauch der Zigarette, die in seinem Mundwinkel klemmte, schaffte im Lichtspiel eine Pub-ähnliche familiäre Atmosphäre, die sonst nur im tiefsten Westen Irlands vorzufinden ist. Der noch sehr jung wirkende Sam Lakeman am Piano, stets einen Ear-Monitor tragend und in seinen Harmonien verfangen, zauberte Klänge hervor, die Caras Stimme in umschließenden Armen trugen -   Karamellaufstrich für die Ohren!

 

Sam Lakeman & Cara Dillon Sam Lakeman & Cara Dillon

 

Bevor ich mich in Song-Details verfange, nehme ich mal vorweg, daß die Band live sehr überzeugend agierte. Auch wenn sie insgesamt sehr lässig und wohlgemerkt "nur optisch" fast kammerartig daher kam, schaffte sie einen enorm satt klingenden Sound. Wunderschöne Arrangements, innovativ aber stets traditionell und dennoch zeitlose Melodien erfüllten die Fabrik und sorgten für ein Wohlgefühl, welches die Studioalben schon erahnen ließen. Auch wenn es jetzt sehr klischeehaft klingen mag - diese Iren haben die Musik im Blut enthalten, mag es nun am Gemisch mit Guiness oder einfach nur an der frischen Luft der Insel liegen. Mir egal.

Die musikalischen Highlights waren sicher die Songs "Black Is The Colour", welchen Cara Dillon als oft von u.a. Mary Black besungenen Traditional vorstellte und "There Were Roses", der 2. Zugabe
(nur mit Sam am Keyboard), bei der Cara uns zuvor den Refrain "There were roses, roses. There were roses. And the tears of the people ran together!", einem traurig-poetischen über den stetigen Nord-Irland-Konflikt, näherbrachte. Der kleine Saal hatte plötzlich etwas kirchliches, die Stimmung etwas göttliches. Aber auch die 1. Zugabe "The Emigrant´s Farewell" war nachhaltig, besonders, als zum ersten Mal am Abend der gesamte Band-Chor am Ende des Songs einstieg. Eine enorme Baßstimme, wo ich nicht weiß wem sie zuzuordnen war, brachte den Saal tatsächlich zum Beben. Der harmonisch perfekt abgestimmte Gesang mit einem prächtigen Volumen zum Abschluß sorgte für Gänsehaut, die noch auf dem Heimweg nachwirkte und in einen erholsamen Schlaf führte.


Am Ende des Konzertes so gegen kurz vor 23 Uhr gab es überdies Standing Ovations - eine Beifallsbekundung für wahrhaftige Musik, aber auch für den Charme, den diese Band an diesem Abend versprühte, ein Charme, der die Welt für uns Wenige zumindest und auch nur für einen kurzen Augenblick wieder in ein positiveres Bild zu rücken vermochte: Das Leben in dieser Welt ist oftmals ein trauriger Song, jedoch mit einer großartigen Melodie!

 

(a.j.)

 

Bandfotos mit freundlicher Genehmigung von Claus (www.pink-panther.de.vu)

 

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