Ankor (Logo, Hamburg am 13. März 2025)

Ankor im Logo 2025 Ankor im Logo 2025

Stilloser Style voll auf die Zwölf!

 

Vorgeplänkel

 

Wer ist denn diese Band mit den beiden energiegeladenen Frauen an Vocals und Drums, die einfach mal so und ohne großen Namen eine Mainstage auf Wacken rockt?“, fragte ich mich vor ein paar Jahren noch.

 

Mit ein paar langen YouTube- und Musik-Streaming-Sessions sowie dem kürzlich erfolgten Besuch im Logo in Hamburg am 13. März 2025 auf der Erfahrungs-Ebene gereift, bin ich nun mehr im Bilde und spüre da etwas Brachiales wachsen.

 

Das neue Management mit neuer Ausrichtung hat gut gegriffen! Hätte sich die ursprünglich katalanische Band Ankor vor ein paar Jahren nicht dazu entschieden, ihre Fühler jenseits von Spanien auszustrecken und sich mit neuem Sound im Gepäck auch auf zahlreichen Festivals oder als Support-Band (bspw. für Beyond The Black) rum zu tummeln, wäre mir und der Metal-Welt heute (auch in Zukunft) sicher etwas entgangen, was durchaus Potenzial zum Durcheinanderwirbeln der Szene hat.

 

Nun könnten Unkenrufe tönen: „Naja, komm, LOGO ey..diese Keller-Sauna?! Wie viele Leute gehen da nochmal rein!?!

 

Aber gemach, gemach - liebe Metal-Gemeinde! Die Bekehrung (für die, die sie noch nötig haben) folgt gleich auf dem Fuße…

 

Das Logo in Hamburg Das Logo in Hamburg

 

Seit 2003 gibt es Ankor, so liest man es. Das erste Album war noch spanisch (Al fin descansar, 2008). Power-Metal war zu Beginn das Thema.

 

Wie steinig der anfängliche Weg der Band noch bzgl. des Songwritings war, kann man bspw. in dieser Rezension des 2. Albums My Own Angel (2011) einmal nachlesen:

 

https://www.metal.de/reviews/ankor-my-own-angel-48030/

 

 

In einem Interview erzählte die mit bereits drei Jahren von England nach Katalonien (from Bristol to Barcelona) ausgewanderte, neue Sängerin Jessie Williams, dass Spanien eher nicht so das Mekka für Metal sei und man sich als Band nach so einigen Jahren auch mal langsam für Größeres berufen sah.

 

Die talentierte Sängerin (sie beherrscht Growls sowie Gesang gleichermaßen und das im nahtlos übergehendem Wechsel) bahnte 2014 – sicherlich auch mit ihrem Englisch-muttersprachlichen Background - den neuen Weg für eben jene internationale Ausrichtung.

 

Mit Eleni Nota aus Griechenland kam etwas später der gewaltige Sound an den Drums hinzu, die katalanischen Jungs, die schon da waren, brachten Erfahrung und auch fortwährende Loyalität und Hingabe mit ein (siehe den Konzert-Bericht).

 

Auf ging es, ganz Europa zu entdecken (u.a. das Festival Hellfest in Frankreich vor 70.000 Leuten dabei erobernd) und auch auf Tuchfühlung mit Japan zu gehen; outen sich die Bandmitglieder doch als Fans der neuzeitlichen, japanischen Kultur in Form von Mangas & Musik, die teilweise auch Platz in ihren Songs einnehme.

 

Dieser Metal-Stil ist in der Tat auch nicht so wirklich greifbar - aber absolut zeitgemäß! Den  letzten Alben merkt man noch eine Entwicklung (auch Suche?) an. Williams selbst sagte am Abend im Logo: „Ankor has no style!

 

Irgendwo zwischen Metalcore und elektronischer Tanzmusik, hier und da unterlegt mit Rap-Einlagen und Popmusik liegt er wohl – dieser stillose Style. Die Texte handeln oftmals von Kummer und anderen mentalen Episoden von Menschen („Metal ist der Blues der noch Wachsenden und Suchenden!“). Kein Wunder also, dass da Falling In Reverse laut Williams als Inspiration dienten.

 

Wer das interessante Interview mit Jessie Williams nachlesen möchte, findet es hier.

 

Conquer Divide aus den USA Conquer Divide aus den USA

 

Geht man die letzten Alben durch, fallen tatsächlich auch mal Mariachi-Gitarren (Walking Dead vom Album White Dragon, 2019) oder gar Saxophon-Einlagen (Automatic, White Dragon) ins Gehör. Nebula (White Dragon) sowie einige Lieder des Albums Beyond the Silence of These Years (2017) wie bspw. Kiss Me Goodnight klingen in Ansätzen tatsächlich sogar auch mal ein wenig nach (…wartet!!! #Spannungsbogen): Taylor Swift (?); also nach Female Pop - nur wesentlich besser und eben mit Metal gehärtet.

 

Mit Williams‘ hoher, manchmal quirliger Girlie-Stimme (also wenn sie singt!) poppt hier und da auch Fred Durst (Limp Bizkit) in Gedanken mit auf. Das klingt bereits auf den Scheiben alles sehr spannend und vielseitig, jetzt nicht unbedingt nach einem roten Faden, aber eben auch nicht nach Eintönigkeit!

 

Live dargeboten bekommt das Alles dann noch den ordentlichen Bumms mit dazu!

 

 

Ich bin mit diesem Bericht mit Absicht ein wenig schwanger gegangen, um nicht all zu emotional zu triefen (die Notizzettel musste ich tatsächlich etwas auswringen). Vorwegnehmen möchte ich jedoch, dass ich, aber auch meine drei Kumpels nach dem Konzert mit Sicherheit unisono sagen können, dass der Gig für uns alle ganz weit oben einzureihen ist (mit knapp 50 Jahren auf dem Buckel hat man schon viel gesehen // Randnotiz: Ich soll das nicht immer so betonen - das mit der 50 - wird mir gesagt!!).

 

Kiarely "Kia" Castillo von Conquer Divide Kiarely "Kia" Castillo von Conquer Divide

 

Pogo im Logo

 

Ankor waren an diesem Abend mit zwei Support-Bands – auch mit weiblichen Vocals – vor Ort (der Nightliner vor dem Logo hatte noch einen Anhänger im Schlepptau) und wohl auch auf ihrer gesamten Power-EU/UK-Tour unterwegs (6 Wochen lang, 30 Konzerte, also fast jeden Abend ein Gig!!).

 

Die Melodic Death Metal-Band A Dark Reborn aus Girona (CAT) - mit zwei Alben am Start - machte gegen 19.30 Uhr den Anfang; das ausverkaufte LOGO ging da schon voll mit. Nach einer kurzen Umbaupause ging es weiter mit Conquer Divide aus den USA; eine Metal Core-Band, die es seit 2013 gibt und eigentlich nur aus einer kompletten Frauen-Besetzung besteht. An diesem Abend halfen jedoch zwei Männer (einer sah verdächtig wie einer von Ankor aus) der Band live aus. Einen ersten bleibenden Eindruck haben bei uns jedenfalls Conquer Divide hinterlassen.

 

Konnte das noch getoppt werden? Ja, es konnte!

 

Bei den ersten Tönen des Intros The World Is A Cruel Place… unter Nebel und dem Opener Venom (beides vom aktuellen Album: Shoganai*) um 21.25 Uhr strömten die Pogo-Freunde - ohne Rücksicht auf Verluste – von der Bar durch, unter und auch über die kleine Menge rempelnd nach vorne („Danke für den blauen Fleck!“).

 

Im Logo ist ja eigentlich überall „vorne“. Die Decke ist fast schon Boden. Wenn man bei der Technik steht, steht man schon fast mit auf der Bühne. Sprich: Man war mitten drin im Geschehen; genau das machte das Logo und den Abend dann auch aus!

 

Logo in Hamburg Keine Ahnung wer das ist; ich kenn' die Typen nicht!!

 

„Sind das hier eigentlich Stützbalken wo ich mich grad dran festhalte?!?“

 

Es gingen Flaschen zu Bruch. Bier wurde verschüttet. Die schmalen Theken mitten im Raum erhielten ihren ultimativen Härtetest, mussten sie doch so manchen harten Hit der Moshers (darunter auch viele weibliche) aushalten. Es tropfte Dunstwasser gemischt mit allen Sorten menschlicher Ausdünstungen von der Decke. Fielmann dürfte in den kommenden Tagen ebenso wie Physiotherapeuten mehr Umsatz machen. Die Hersteller von Handy-Schutzfolien ggf. auch. Soviel zum Eindruck des Getümmels im Innenraum.

 

Was die Band vorne in gerade einmal 70 Minuten abfeuerte, übertrug sich ab den ersten Riff bis zum Ende auf das Publikum. Alles vereinigte sich schnell zu einem gemeinsamen Sein voller Ekstase. Nach 20 Minuten tippte mich mein Kumpel kurz an: „Wollen die das echt so den Abend durchziehen???“.

 

Man selbst kam ja in der Tat kaum zum Durchschnaufen. Vielleicht einmal kurz, beim balladesken Oblivion und bei einigen Ansagen und Erläuterungen einer recht redseligen Jessie Williams. So bedankte sie sich u.a. sichtlich angetan bei Band, Support, Management, Technik und Fans („our family!“) und kam auch mit ein paar Anekdoten um die Ecke (Wacken, letzter Auftritt in Hamburg in 2023).

 

Die Aussteuerung bzw. der Sound war im Logo mit der niedrigen Deckenhöhe und den ganzen Verwinkelungen im Raum so gut wie es eben sein konnte. Für ein Metal-Konzert war es aber erstaunlich griffig. Die Gitarren waren gut zu vernehmen, Bass und Drums wummerten ordentlich, die Vocals waren bei der Hauptband Ankor dann auch gut zu hören; Williams hatte ein eigenes, auffällig großes Mikro am Start.

 

Die eh schon kleine Drummerin Eleni verschwand leider hinter dem berühmten Bühnen-Balken. Dafür hörte man sie umso deutlicher und sah die Sticks wirbeln. Die Kraft und der Speed in ihrem Spiel ist schon ordentlich („Wohl der heimliche Star der Band!“ umschrieb es einer meiner Kumpels). Leider fiel ihr eines Solo nur kurz aus; das kannte man bspw. von Wacken her doch etwas spielfreudiger. Mein wirklich einziger Kritikpunkt des Abends; aber als Anmerkung dann doch belanglos!

 

Die Songauswahl bestand überwiegend aus den beiden letzten Alben. Das wohl mit bekannteste dancige Darkbeat, das Tour-und Alben-Theme Shoganai (mit epischer Ummantelung), ihr kleiner Durchbruch-Song Prisoner, das techno-beatige Embers wurden u.a. ebenso gespielt wie The Monster I Am, Walking Dead und Hill Valley (Oooohooo Ohoooo-Chöre aus dem Pubikum) des Vorgänger-Albums. Mir persönlich fehlte noch Holy Wolf (mit dem frivolen „bad girl“ darin).

 

Jessie Williams, Ankor Jessie Williams, Ankor

 

Bei einem Stück in der zweiten Hälfte holte Williams auch nochmal alles aus sich raus und lieferte einen schier endlos-langen Growl ab. Der hochgewachsene Gitarrist, der manchmal den Kopf neigen musste, um nicht an der Decke anzuknocken (Hüpfen war für ihn gar tödlich!), durfte hier und da auch mal mitsingen; das darf er gerne öfter machen – schöne Stimme!

 

Zwischendrin gab es Gesangs-Battles im Raum und es wurden zahlreiche Herzen und Fistbumbs zwischen Band und Publikum getauscht. Ein Fan mit Plakat erhielt von Jessie sogar einen Drumstick geschenkt, den sie Eleni mopste.

 

Mit Shhhh… (I´m Not Gonna Lose It) vom vorvorletzten Album kam noch eine Rap-Einlage von Williams, unterstützt von dem Billy Idol-nichtunähnlichen Gitarristen, hinzu. Dieser ließ es sich zum Ende des Gigs hin auch nicht nehmen, sich auf Händen durch das Logo tragen zu lassen. Da die Decke so niedrig war, konnte er dabei sogar in Spiderman-Manier an eben jener lang krabbeln. Überhaupt wurde an diesem Abend viel gestagedived; die Übernahme der Diver erfolgte durch die Crew direkt auf der Bühne - inmitten der Band. Alles harmonisch, alles gesittet!

 

Mit einem Cover von Oldfields‘ Moonlight Shadow fand die Show dann ihr Ende. Nach 70 Minuten High Voltage und einem letzten obligatorischen Band-Selfie von der Bühne mit dem Publikum war dann der Abgang.

 

Ankor Ankor

 

Selten ein so kurzweiliges, energiegeladenes Konzert erlebt. Wir mussten nun alle erstmal ordentlich durchatmen.

 

Ich hoffe alle (insbesondere der ältere Herr neben mir) sind heil nach Hause gekommen und es wurden neben Merchandise nur blaue Flecken als Souvenir mit nach Hause genommen. Das größte Souvenir was sicher alle Anwesenden mitgenommen haben, ist das Gefühl, noch lange von diesem Konzert zehren zu können und sich dabei auf mehr zu freuen…

 

Wohl dem, der die Band im kleinen Logo erleben durfte!

 

Shoganai, Ankor!

 

(a.j.)

 

 

Nachgeplänkel

 

 

Die Band

 

Jessie Williams
David Romeu
Fito Martínez
Julio López
Eleni Nota

 

Bildmaterial

Tobias B., Stefan M., Frank T.

 

Setlist (ohne Gewähr!)

https://www.setlist.fm/setlist/ankor/2025/logo-hamburg-germany-2358fca7.html

 

 

Links

 

Ankor:

https://ankormusic.com/

 

Conquer Divide: https://conquerdivideofficial.com

 

A Dark Reborn:

** leider keine Webseite gefunden **

 

Logo:

https://www.logohamburg.de/

 

 

===

*Shoganai:

 

Japanische Redewendung für

 

„akzeptieren, loslassen und nach vorne schauen!“

 

(Quelle: https://shoganai.com/was-ist-shoganai/)

 

Noch ein paar Fotos und Screenshots von Video-Aufnahmen, die wir gemacht haben:

 

 

Ward Ihr auch bei dem Konzert? Dann lasst uns gerne Eure Eindrücke wissen und schreibt etwas im Kommentar-Bereich - wir würden uns freuen!

 

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